Das Trainingsraumkonzept
Das Trainingsraumkonzept
Das Trainingsraumkonzept bemüht sich in erster Linie um die Vermeidung von Unterrichtsstörungen. Ein in der Schule eingerichteter Trainingsraum stellt für das umfangreiche Konzept den zentralen Punkt dar. Das Wort ” trainieren” bezieht sich dabei auf ein Sozialverhaltenstraining, bei dem- wie beim Sporttraining – eine regelmäßige Wiederholung notwendig ist, um Fortschritte zu erzielen. Der Trainingsraum ist der entsprechende Ort, wohin störende Schüler gehen können, die sich nicht an die Regeln halten können oder wollen. Dort haben sie ausreichend Gelegenheit, ihr Störverhalten zu überdenken und Vorschläge für ein alternatives Verhalten zu entwickeln. Sie erhalten dabei bei Bedarf Unterstützung durch Schulpersonal.
Das Ziel des Trainingsraums heißt Förderung und Hilfe (Bründel/ Simon 2003 S. 31) und bemüht sich dabei, das Schülerbewusstsein für Regeln, Regeleinhaltung und Regelverletzung auszubauen und Schüler zu eigenverantwortlichem Handeln anzuregen.
Ursprung des Trainingsraumkonzepts
Ursprünglich wurde das Trainingsraumkonzept von dem Sozialarbeiter E.E. Ford in den USA entwickelt. Es diente der Förderung des Eigenverantwortlichen Denkens und Handelns und sollte als Hilfestellung für störende Schüler dienen, die ihr Sozialverhalten verbessern sollten. Ford war der Meinung, dass Kinder und Jugendliche heute häufig ohne ausreichende Disziplin heranwachsen und wenig ausgeprägte soziale Kompetenzen
aufweisen. Mit Hilfe dieses Konzeptes sollten sie lernen, selbst für sich Verantwortung zu übernehmen. Zu diesem Zweck richtete er an einer Schule in Arizona einen Trainingsraum für eigenverantwortliches Denken ein und wurde damit ein Vorbild für viele weitere Schulen. Nach kurzer Zeit wurde das Konzept nicht mehr nur in den USA, sondern auch in Europa -insbesondere in Deutschland- übernommen und an Schulen umgesetzt.
Grundlagen des Trainingsraumkonzepts
Das Trainingsraumkonzept baut auf drei Punkten auf:
1. Festlegung klarer Grenzen für soziales Verhalten ( Verhaltensregeln)
2. Häufig wiederholtes Üben des gewünschten sozialen Verhaltens
3. Regelmäßige Kontrolle und Korrektur des Erfolgs der Bemühungen
Dabei müssen wichtige pädagogische Prinzipien berücksichtigt werden. Zwei vorrangige Ziele des Trainingsraumkonzepts sind einerseits, lernbereite Schüler zu schützen und ihnen entspannten störungsfreien Unterricht anzubieten, andererseits häufig störenden Schülern Hilfe zu geben, um ihr Sozialverhalten zu verbessern und ihnen wichtige Schlüsselkompetenzen zu vermitteln. Dies wird getragen von einem Kollegium, dass sich verpflichtet sieht, die Schüler im sozialen Miteinander zu fördern. Ein weiteres Fundament ist das Einhalten gegenseitigen Respekts und ein von Gerechtigkeit geprägter Umgang mit einander. Daher entstehen Rechte und Pflichten für beide Seiten, also für Schüler und für Lehrer:
Jeder Lehrer hat das Recht, ungestört zu unterrichten und die Pflicht für guten Unterricht zu sorgen.
Jeder Schüler hat das Recht, guten Unterricht zu bekommen und die Pflicht, für einen störungsfreien Unterricht zu sorgen.
Alle müssen die Rechte anderer akzeptieren und ihre Pflichten erfüllen.
Demnach sind Rechte und Pflichten von Lehrern und Schülern auf beiden Seiten gerecht verteilt, eigenverantwortlich zum guten Unterricht beizutragen.
Pädagogische Grundlagen des Trainingsraums
Ein entscheidendes pädagogisches Prinzip ist die Eigenverantwortlichkeit der Schüler. Schüler sind es häufig nicht gewohnt, eigenverantwortlich zu handeln, sondern versuchen sich oft, aus Problemsituationen herauszureden oder die Schuld anderen zuzuschreiben. Die Bereitschaft, Verantwortung für sein eigenes Handeln zu übernehmen, geht oft mit der Tatsache einher, dass Pflichten eingegangen und Freiheiten aufgegeben werden. Trotzdem gibt es dadurch die Chance, selbständig Erfolge zu erreichen, was wiederum zu einer Stärkung des Selbstwertgefühls führt. Allerdings muss es für den Schüler einsichtig sein, dass er durch eine Verhaltensänderung einen Vorteil erlangt.
Hier setzt das Trainingsraumkonzept an, indem es bei einer Störung durch den Schüler diesen vor die Wahl stellt, sich zu entscheiden, ob er im Klassenraum bleiben möchte (und nicht weiter stört) oder aber weiter stören möchte (und dann in den Trainingsraum geht). Der Schüler ist somit selbst dafür verantwortlich, was mit ihm passiert. In dieser Entscheidungssituation übt der Schüler eigenverantwortliches Denken und Handeln, denn
er soll selbständig die ihm bereits bekannten Konsequenzen mit seinen ursprünglichen Zielen abwägen und überlegen, ob eine Verhaltensänderung für ihn nicht doch vorteilhafter wäre. In dem Fall wäre das Verbleiben in der Klasse ein neues überdachtes Ziel, das der störende Schüler mit einer Verhaltensverbesserung erreichen kann.
Auch im Trainingsraum selbst erwartet ihn ein zweiter wichtiger Entscheidungspunkt, an dem sich das Trainingsraumkonzept die Zielstrebigkeit des Schülers erneut zunutze macht. Denn stört der Schüler auch weiterhin im Trainingsraum, wird er aufgefordert, sich zu entscheiden, ob er weiter im Trainingsraum arbeiten möchte (und sich an die Regeln hält) oder aber nach Hause geschickt werden möchte, wenn er weiter stört. Es ist davon
auszugehen, dass der Schüler einen Schulausschluss und das darauf folgende Elterngespräch in der Schule als unangenehm empfindet und sein Verhalten aufgrund des vorhersehbaren Ziels lieber ändert.
Dem störenden Schüler wird immer wieder deutlich gemacht, dass es in seinem Ermessen liegt, welche Konsequenzen auf ihn zukommen. Somit ist es ein wichtiges Ziel des Trainingsraums, die Einsicht zu fördern, dass jeder für sich selbst entscheiden muss und deshalb auch selbst dafür verantwortlich ist, ob er sich an Regeln hält oder nicht. Ein weiteres pädagogisches Prinzip ist das der Wiederholung. Die Umsetzung des
Konzepts basiert auf einer Reihe von Entscheidungspunkten, die sich regelmäßig wiederholen.
Dabei ist wichtig, dass auch Lehrer klare Ziele und Vorstellungen von dem Verhalten ihrer Schüler, eigener Grenzen und festgelegter Konsequenzen haben. Denn die Wirksamkeit des Trainingsraumkonzepts hängt besonders auch davon ab, wie konsequent die Lehrer die Abfolge (Störung – Ermahnung durch die Lehrenden, erneute Störung – Konsequenz des kurzfristigen Ausschlusses aus der Klassengemeinschaft und Unterricht – einhalten. Dadurch erlebt der Schüler, dass ruhiges, störungsfreies und freundliches Verhalten ein selbstverständlicher und unverzichtbarer Bestandteil des Unterrichts ist. Dies führte ist zur Etablierung von Regelakzeptanz und Regeleinhaltung im Unterricht. Bleibt der Lehrer nicht konsequent, machen die störenden Schüler die Erfahrung, dass Grenzüberschreitungen keine unmittelbaren Folgen nach sich ziehen.